Was sind Replays? – Eine Erklärung

Heute kann ich euch für diesen Artikel mal wieder zwei meiner Leidenschaften verbinden. Ich habe euch ja schon letzte Woche ein Buch vorgestellt, welches viele TRPG-Elemente enthält. Diesmal habe ich aber etwas anderes vor. In Japan ist es ziemlich beliebt Sessions eines Tabletop-RPG in Prosa festzuhalten und zu veröffentlichen. Diese Form nennt man dann Replay.

cover der japanischen ausgabe des goblin slayer trpg replays. It shows a female samurai-like character and another female character with purple hair.
Cover der japanischen Ausgabe des Goblin Slayer TRPG Replay als Symbolbild für japanische Replay-Veröffentlichungen.

Replays und Actual Play – Eine Erklärung

Actual Plays: Geschrieben in einem Storyformat wie man es von einer Novel gewohnt wäre. Man kann es sich so ein bisschen wie das Erzählen einer Geschichte vorstellen. Der Autor beschreibt also eher was passiert. Im Stile von: „Die Party machte sich dann auf den Weg das Monster in der dunklen Höhle zu bekämpfen.“ Es handelt sich mehr um eine Zusammenfasssung der wichtigsten Ereignisse.

Das Actual Play hat sich im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt und umfasst nun auch weitere Medienformate wie etwa Podcasts und Livestreams. Diese beiden Formen bieten den Zuschauern / Zuhörern ein etwas besseres Erlebnis als reiner Text.

Im Bereich der Podcasts gibt es sicher viele Actual Plays. Zwei, die ich auf die Schnelle finden konnte, sind The Adventure Zone und Friends at the Table. Auch in Video sind Actual Plays beliebt. Als Beispiele zählen Shows wie Critical Role oder Dimension 20.

Replays: Transkribierte Version einer Session. im Normalfall geschrieben in der Dialogform. Es wird wörtlich wiedergegeben, was der GM und die einzelnen Spieler gesagt haben. Es enthält also auch die Aufforderungen einen Check abzulegen und dessen Ergebnis. Dabei wird die Session von Anfang bis Ende dokumentiert und es ist so gut wie alles enthalten, was in der Session passierte, inklusive dem ein oder anderen Nebengespräch. Am Ende werden nur noch einzelne Stellen ein wenig editiert.

Mit der Zeit kamen zu den schriftlichen drehbuchartig geschriebenen Replays auch eine neue Art dazu. Replays im Video-Format. Auf NicoNicoDouga und Youtube werden immer mehr solche Videos hochgeladen. Besonders beliebt ist dabei wohl das Spiel Call of Cthulhu.

Um den Zuschauer dabei ein wenig etwas zu zeigen, wird in diesen Videos auf gezeichnete Charactere oder Bilder zurückgegriffen, die die einzelnen Spieler repräsentieren. Gerne werden dabei auch synthetische Stimmen wie Vocaloid (hier ein Beispiel) oder auch text-to-speech verwendet. Manchmal findet man Aufnahmen direkt vom Tisch, aber anders als im Westen sind die Japaner aber eher verhalten sich offen zu zeigen und sitzen dann schon mal in Kostümen da.

Wie entstanden die Replays?

Das Tischrollenspiel hat erst später seinen Weg nach Japan gefunden. Die Verbreitung des Hobbies wird hierbei dem Science-Fiction-Autor und Gründer von GroupSNE Yasuda Hitoshi zugeschrieben. Dieser war in den 1980ern zusammen mit den Autoren Yamamoto Hiroshi and Mizuno Ryo Mitglied des Science-Fictionclub der Universität in Kyoto.

Anders als es bei uns aber der Fall ist, war es in Japan schwierig D&D neuen Spielern näherzubringen. Im „Westen“ ist es üblich, dass das Wissen über Dungeons und Dragons von Person zu Person weitergegeben wird. Etwa durch Geschwister, Freunde o. ä. In Japan gab es so eine Kultur nicht. Das Hobby war dort nur den Hardcore-Fans vorbehalten.

Um das Rollenspiel auch anderen Leuten außerhalb des Clubs näher bringen zu können, kamen sie also auf die Idee eine Ihrer Sessions zu transkribieren und zu veröffentlichen. Das erste Replay von „Record of Lodoss War“ erschien dann in der 1986er-Ausgabe des Comptiq Magazine. Wenn ihr euch das ganze auf Japanisch ansehen wollt, findet ihr einen Scan davon im Web-Archive zum Herunterladen.

Yasuda Hitoshi gründete im selben Jahr auch das Unternehmen GroupSNE, der erste „Verlag“ für Replays und TRPGs in Japan. Record of Lodoss War, war aber nicht das erste Replay, dass veröffentlicht wurde, aber sicher das mit dem größten Einfluss. Der Titel des ersten je veröffentlichten Replays geht nach der deutschen Wikipedia wohl an das Replay Nanatsu no Saidan (Sieben Altäre) von OUTBARN als Replay des Roads of the Lord TRPG (erschienen 1985 in Ausgabe Nr. 31 des RPG-Magazin).

Record of Lodoss War würde sehr erfolgreich werden und auch die Basis für eines der beliebtesten TRPG in Japan sein: Sword World.

In Japan etablierten sich Replays als Werkzeug der Wissenvermittlung und sind bis heute in den Veröffentlichungen japanischer TRPGs enthalten. Man kann diese sicher als Türöffner für den japanischen Markt ansehen was TRPG angeht. Auch in der englischen Fassung von Konosuba lässt sich so ein Replay im Übrigen finden.

Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Konosuba TRPG. Es zeigt das Deckblatt der Replay Section
Das Deckblatt der Replay Section des Konosuba TRPG, das nochmal erklärt was ein Replay ist

Aufbau eines Replay

Die Regelwerke kommen normalerweise (ähnlich wie Light Novel in Japan) im Bunko-Format (wie A6) daher. Klassischerweise erscheint in Japan ein Regelwerk zusammen mit einem Replay, das helfen soll das Regelwerk leichter zu verstehen. Als gutes Beispiel kann man hier das Goblin Slayer TRPG anführen. Hier gibt es zum einen das Regelwerk (erschienen in Japan am 14.05.2019), welches selbst kein Replay enthält und das Goblin Slayer TRPG Replay. Das Cover habe ich euch am Anfang dieses Artikels gezeigt

Moderne japanische TRPGs machen dies etwas anders, um den Einstieg zu erleichtern. Hier kann ich sehr gut das Konosuba TRPG anführen. Dieses ist nämlich gleichzeitig ein Regelwerk und Replay. Am Anfang des Buches findet sich hier ein kurzes Replay. Dieses baut sich dabei sehr „Genretypisch“ auf und folgt einem bestimmten Muster bzw. einer Form.

Am Anfang wird nochmal kurz erklärt, was ein Replay ist (dies ist im Falle des Konosuba TRPG sehr kurz gehalten).

Als Nächstes werden die beteiligten Spieler und GM näher vorgestellt. Meist greift man bei den veröffentlichten Replays auf den Designer des Spiels und ein paar berühmte Persönlichkeiten (etwa Autoren, Idols o. ä.) zurück um das Spiel leichter vermarkten zu können. Unter den Spielern ist dann auch üblicherweise noch jemand mit illustrativem Talent für ein paar schöne Bilder und jemand der sich dann um das Transkribieren kümmert.

Danach folgt ggf. eine kleine Diskussion bzw. Einführung was genau gespielt wird. Es können auch entweder Charaktere erstellt vor Ort erstellt werden (was dann den Erstellungsprozess für den Leser nachvollziehbar macht) oder die Spieler stellen ihre Charaktere vor, die sie bereits vor Beginn der Session erstellt haben.

Interessant ist dabei, dass mit der Vorstellung des Spielercharakrers die Namen der Spieler durch den Namen des Charakters ersetzt werden. Nehmen wir als Beispiel doch einen Spieler des Replay zum Konosuba TRPG. Bei dieser Session war unter anderem Natsume Akatsuki (Autor von Konosuba) mit dabei, dessen Charakter Gilbert heißt.

Bis zur Vorstellung seines Charakters wurde Herr Akatsuki immer mit seinem Nachnamen angesprochen. Als dieser aber seinen Charakter vorstellte, wechselte sein Name für den Rest des Replays dann zu Gilbert:

Die Spieler werden dabei im Weiteren immer mit dem Namen ihres Charakters betitelt, egal ob diese In- oder Out-of-Character sprechen. Beim Gamemaster gibt es auch eine kleine Besonderheit. Dieser wird typischerweise nur als „GM“ gekennzeichnet.

Solange der GM etwas erzählt oder den Spielern etwas sagt, sind seine Aussagen im Replay nicht besonders gekennzeichnet. Wenn der GM aber etwas als ein NPC zu den Abenteurern sagt, wird dies typischerweise durch Anführungszeichen deutlich gemacht.

Nachdem das alles erledigt ist, folgt der eigentliche Inhalt der Session im Replay als Dialogform. Im Inhalt werden dabei gerne auch mal Einschübe gemacht, um gewisse Regeln zu erklären. In Konosuba z. B. mit einer Erklärung der Phasen eines Kampfes oder dem generellen Ablauf einer Session. Ebenfalls finden sich in einem solchen Replay gerne mal Illustrationen im Manga-Stil.

Nach dem Ende der Session kann noch eine Art Epilog folgen und einer kleiner Appendix anhängig sein. An dieser Stelle können die Spieler ein paar Ihrer Gedanken festhalten und Meinungen zum Spiel äußern.

Replays außerhalb Japans und in anderen Medien

Bei uns sind die klassischen Replays eher nischiges, weil Actual Play und Live Play einfach besser ankommen. Es gibt jedoch ein paar Replays, die eine zumindest englische Übersetzung erhalten haben.

Ein „richtiges“ Replay, welches nicht zusammen mit einem Regelwerk erschienen ist, wäre Golden Sky Stories: The Broken Window. Ansonsten haben wir an übersetzten Replays eigentlich nur Sachen, die zusammen mit einer Übersetzung eines TRPG erschienen sind. Darunter finden sich dann Shinobigami, das Ryuutama: Natural Fantasy RPG und natürlich das Replay im Konosuba TRPG.

Auch in andere Medien haben es ein paar der wirklich beliebten Replays geschafft. Hierbei ist natürlich Record of Lodoss War zu erwähnen, dass Umsetzungen in diversen Medien erhalten hat. Über Light Novel, Anime und Manga, sowie als Spiele für PC und Konsole ist sicher die ganze Bandbreite der Medienlandschaft für diese Geschichte genutzt worden.

Ein anderes Replay, welches ebenfalls eine Umsetzung als Anime erhalten hat, ist Chaos Dragon. Der Anime basiert dabei auf einem Replay des TRPG Systems Red Dragon und wurde von fünf bekannten Charakter-Designern gespielt. Es gibt auch eine sieben-bändige Novel-Serie dazu.

Ein persönlicher Touch zum Ende

Ich selbst war ja schon immer ein Fan von Geschichten, die ein Tabletop hervorbringen kann. Ich mag solche Geschichten einfach, weil einfach alles passieren kann und die Charaktere und deren Zusammenspiel meist einen guten Lacher mit sich bringen. Zumindest wenn ich den „Highlights“ der Sessions meines Bruders lauschen kann, muss ich immer ziemlich lachen und habe Spaß beim Zuhören.

Das Replay, was ich im Konosuba TRPG Regelbuch lesen durfte, war auch sehr spaßig zu lesen und auch von der Form her ganz was anderes. Ich wünschte nur, es gäbe mehr Replays auf Englisch zu lesen. Das japanische Goblin Slayer TRPG Replay würde ich auch zu gerne mal lesen …

Das Ganze ist auch ein tolles Format, mit dem sich Spieler einfach und günstig einen Eindruck von einem TRPG verschaffen können. Gut unterhalten wird man dabei auch noch. Natürlich gibt es bei uns viele Actual Plays, aber die textbasierten Replays haben doch eine gewisse Anziehungskraft auf mich. Immerhin sind es ja Bücher …

Ich hoffe, ihr wisst nun mehr über Replays und ich konnte euch etwas Neues zeigen. Vielleicht entdeckt auch ihr diese Art der Literatur für euch oder schaut mal in das ein oder andere Actual Play hinein.

Quellenverzeichnis

[1] The secret influence of D&D on Anime (Youtube, ab 3:58): https://www.youtube.com/watch?v=dc-pPgcPrVc&t=238s

[2] Info Group SNE: https://www.wikiwand.com/en/Group_SNE

[3] A Short History of Table-Talk and Live-Action Role-Playing in Japan: Replays and the Horror Genre as Drivers of Popularity von Björn-Ole Kamm (Website): https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/1046878119879738

[4] Japanese TRPG Replays : What are they? How are they different from Actual Plays? von J. Andrew Kitkowski: https://www.youtube.com/watch?v=k_hfS3IMYoA

[5] Wikipedia (deutsch): Replay https://de.wikipedia.org/wiki/Replay

[6] Gaming in Japan: An Odyssey by Andrew Kitkowski Part 3: http://www.ptgptb.org/0021/japan3.html

[7] Golden Sky Stories Replay: The Broken Window: https://yarukizerogames.com/2012/12/14/golden-sky-stories-replay-the-broken-window/

[8] https://kotaku.com/the-dungeons-and-dragons-session-that-became-a-real-lif-1691643499


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